Kann Gott wirklich bereuen?

Glaube
Kann Gott wirklich bereuen?

„Da reute es den Herrn, dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es betrübte ihn in seinem Herzen“, heißt es in 1. Mose 6,6. Moment, lesen wir richtig? Gott kann bereuen, was er getan hat? Bedeutet das, er kann Fehler machen? Und: Lässt sich göttliche Reue mit unserer gleichsetzen?

Wenn man davon ausgeht, dass Gott absolut vollkommen in allem ist (Allmacht, Moral, Allwissenheit), dann wird man bei einem solchen Text zunächst die Stirn runzeln ... dabei gibt es auch noch andere ähnliche Stellen, in denen von Gottes Reue die Rede ist (z.B. 2. Mose 32,14; Jesaja 57,6; Joel 2,13f; Jona 3,10). Einige begegnen solchen Bibeltexten, indem sie ihr Bild von Gott anpassen und z.B. annehmen, selbst Gott könne von der Zukunft und Geschehnissen überrascht werden. Ein solches Bild vermittelt uns die Bibel allerdings nicht – ganz im Gegenteil, es wird deutlich unterstrichen, dass Gott die Zukunft sehr genau kennt (Jesaja 46,9f). Was hat es dann aber mit der Reue Gottes auf sich?

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Text selbst. Das hebräische Wort nacham beschreibt mehr als nur Reue im Sinne des Eingestehens eines Fehlers – es wird auch benutzt, um tiefes Mitgefühl, weich werden, Kummer oder Trost auszudrücken (wie z.B. in 5. Mose 32,36; Psalm 86,17; 90,13; Jesaja 51,12). Grundsätzlich beschreibt dieses Wort also zunächst ein tiefes inneres Betroffen-Sein, das dann in eine Entscheidung mündet. In diesem Vers wird das noch weiter unterstrichen, indem hervorgehoben wird, dass es Gott „betrübte […] in seinem Herzen“. Das Wort für „betrüben“ (azab) drückt eine äußerst starke Emotion aus, eine Art wütenden, beißenden Schmerz. Was nacham ausdrücken möchte – und was bei Gott hier sogar zu einem unsagbar tiefen Schmerz (azab) führt – kennen wir hauptsächlich als Reaktion und Folge von echtem Schuldbewusstsein. Wir erkennen, dass wir einen Fehler gemacht haben, und sind innerlich bekümmert – es reut uns. Echte Reue zeichnet sich dann auch dadurch aus, dass wir handeln.

Doch Gott hatte hier keinen Fehler gemacht, denn schließlich war alles sehr gut, als er den Menschen schuf. Was sind also die Gründe dafür, dass Gott bereute? Was rief in ihm diese Emotion hervor und ließ ihn handeln? In der Bibel begegnen uns drei Gründe:

Den ersten finden wir bereits in 1. Mose 6 – menschliche Sünde und die Ablehnung Gott gegenüber (in Vers 5 heißt es: „die Bosheit des Menschen war groß auf Erden und alles Sinnen und Trachten seines Herzens allezeit nur böse“; auch in 1. Samuel 15,11 lesen wir, wie Gott sagt: „es reut mich, dass ich Saul zum König gemacht habe, denn er hat sich von mir abgewandt“). Gott ist tief betroffen von Sünde, es schmerzt und bekümmert ihn zutiefst. Dennoch hat er uns mit einem freien Willen ausgestattet und respektiert diesen, selbst wenn er erleben muss, dass das Gute, was er beabsichtigte, durch Sünde und Ablehnung solchen Schmerz in ihm verursacht. Deshalb entscheidet er sich zu handeln.

Der zweite Grund ist menschliche Reue. In der Geschichte Jonas bewirkt die echte und tiefe Reue, die schmerzhafte Schulderkenntnis der Bürger Ninives diese emotionale Reaktion Gottes; er hat Mitgefühl mit ihnen (Jona 3,9-10). Deshalb entscheidet er sich zu handeln. Gott selbst fasst diese beiden Gründe für seine Reue in Jeremia 18,7ff zusammen. Das bedeutet, wir können durch Sünde oder Umkehr Reue (nacham) in Gott hervorrufen.

Ein dritter Grund ist Fürsprache – Moses mitfühlende Fürsprache für sein Volk, nachdem Gott selbst ihn auffordert mitzuentscheiden („so lass mich nun“ 2. Mose 32,10), berührt Gott emotional und er entschließt sich zu handeln.

Wir sehen, dass Gott bereuen kann (auch wenn es genauso Dinge gibt, die er nicht bereut – z.B. uns Gutes zu wollen, sprich sein Wirken zu unserer Erlösung, das unverrückbar feststeht: 4. Mose 23,19; Römer 11,29). Dennoch ist seine Reue ganz anders als unsere – wir bereuen wegen Schuld, er bereut aufgrund unseres Handelns. Diese Tatsache zeigt uns etwas Beeindruckendes: Die Reue Gottes ist Ausdruck dafür, dass Gott uneingeschränkte Freiheit besitzt, auf unsere Handlungen und Reue zu reagieren. Sie verdeutlicht uns außerdem, dass es Gott alles andere als egal ist, was hier bei uns Menschen passiert, sondern er mit uns mitfühlt und stark betroffen davon ist.

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