Kann Holzsammeln am Sabbat tödlich enden?

Glaube
Kann Holzsammeln am Sabbat tödlich enden?

Ein Mann sammelt während der Wüstenwanderung des Volkes Israel am Sabbat Holz. Vermutlich um sich am Feuer zu wärmen oder eine Mahlzeit zuzubereiten. Kurz danach wird er dafür gesteinigt! Ist die Strafe an dieser Stelle nicht etwas übertrieben? Sollten wir uns ebenfalls davor hüten, am Sabbat Stöcke im Wald aufzuheben? Oder will uns die Geschichte aus 4. Mose 15,32-36 womöglich etwas ganz anderes sagen?

Sabbat. Viele Jahrhunderte vor Christus. Die Ereignisse der letzten Wochen haben das Volk ordentlich durchgeschüttelt. Jetzt sollte eigentlich Ruhe sein – Sabbatruhe ... aber diese Ruhe wird durch einen Mann gestört, der Fragen aufwirft: Denn er sammelt am Sabbat Holz! Unruhe wächst. Die Antwort Gottes: Steinigt ihn! ... Diese Geschichte sorgt bis heute für bewegte Gemüter und gespaltene Meinungen. In den einen ruft sie Angst hervor, Kleinigkeiten könnten gegen das vierte Gebot verstoßen. In den anderen weckt sie die Überzeugung, der Sabbat sei damals anders gehalten worden und wir könnten 2021 offensichtlich freier in der Sabbatgestaltung sein, da Gott heute ja keine Steinigungen mehr anordnet. Was wollen uns diese knappen fünf Verse aber tatsächlich sagen?

Keine zufällige Platzierung an der Stelle


Im Kern geht es hierbei um eine Gesetzesübertretung, genauer um die Übertretung des Sabbats (V. 33-34). Dabei ist auffällig, wie diese Geschichte von Erinnerungen an Gottes Bundesbestimmungen umrahmt wird: Verse 1-31 erinnern an die unterschiedlichen Opfer, darunter auch die Sünd- und Schuldopfer (bei versehentlichen Vergehen – V. 22-29) und rufen dazu auf, diese ernst zu nehmen. Für eine bewusste, rebellische Sünde („mit erhobener Hand“ – V. 30-31) wird kein symbolisches Opfer erwähnt; das schließt zwar die Versöhnung nicht aus, hebt aber zumindest die Schwere der Sünde hervor. Direkt nach der Geschichte von der Steinigung des Holzsammlers wird außerdem ein sehr praktisches Symbol aufgegriffen, das ab sofort jeder an seinen Kleidern tragen soll, um sich im Alltag an Gottes Gebote und seine Heiligkeit zu erinnern (V. 37-41). Wie diese Geschichte eingebettet ist, illustriert also, dass es darum geht, Gott und seinen Bund in Erinnerung zu behalten und ihm treu zu bleiben.

Dass hier jemand versehentlich und aus guten Absichten heraus am Holzsammeln war, ist dabei unwahrscheinlich: Zum einen hätte es für versehentliche Vergehen ein symbolisches Opfer gegeben; zum anderen war ein Feuer zur Essenszubereitung nicht notwendig, da das Volk ausreichend Manna als Nahrung erhielt (2Mo 16,35). Es muss sich hier also offenbar um eine bewusste Abwendung von Gottes Gebot gehandelt haben (V. 30-31). Dies wird auch durch das hebräische Verb für „sammeln“ hervorgehoben: Mose verwendet es sonst nämlich nur, um das Strohsammeln der Sklaven in Ägypten zu beschreiben (2Mo 5,7.12). Damit will Mose aufzeigen, dass dieser Mann sich durch seine Handlung bewusst wieder wie ein unfreier Sklave in Ägypten verhielt, anstatt die gewonnene Freiheit durch Gott am Sabbat zu genießen!

Weshalb war es hier aber nötig, die Treue zu Gott und seinem Gebot hervorzuheben und Gottes starke Reaktion auf bewusste Auflehnung zu zeigen? Direkt vorher, in 4. Mose 13-14, wird erzählt, wie die israelitischen Kundschafter aus dem verheißenen Land zurückkehren und zehn von ihnen menschliche Einschätzungen abgeben. Diese entmutigende Nachricht führt zu einer großen Klage im Volk („wären wir doch in Ägypten gestorben“ – 4Mo 14,2) sowie zu erheblichen Zweifeln daran, ob Gott seine Versprechen noch wahrmachen wird und es sich lohnt, an seinen Bundesbestimmungen weiter festzuhalten. Diese Zweifel führen in Kapitel 16 dann sogar zur Rebellion Korachs und seiner Anhänger. Wegen dieser herben Enttäuschung und des harten Rückschlags neigt Gottes Volk nun dazu, seine Versprechen anzuzweifeln, die Bundesbestimmungen zu vernachlässigen und die Dinge lieber wieder in die eigene Hand zu nehmen. Der Umgang mit dem Sabbat wird hier also zum Anzeiger dafür, wie sehr das Volk Gott vertraut und seine Bundesbestimmungen ernst nimmt.

Was heißt das nun für uns?


Aus dieser Geschichte und ihrer bewussten Platzierung inmitten von Erzählungen über menschliche Einschätzungen, Enttäuschung und Aufstand lassen sich drei wichtige Dinge ableiten: 1. Gott nimmt die Heiligkeit des Sabbats sehr ernst; es ist für ihn keine Kleinigkeit. 2. Gott will uns zu einem tieferen Verständnis des Sabbats führen und ist bereit, viel auf diesem Weg zu vergeben; schließlich wurde das Volk jeden Freitag und Sabbat durch das Manna-Wunder daran erinnert. Außerdem wird in den Auflistungen der Zehn Gebote gerade dieser Tag mit seiner Schöpfermacht und gnädigen Befreiung begründet (2Mo 20,8-11; 5Mo 5,12-15). Allerdings sollte uns das nicht dazu verleiten, mit Gottes Gnade zu spielen. Die Sünde dieses Mannes erscheint umso schwerer, da die Handlung hier so banal ist. Welche „banalen“ Handlungen am Sabbat würden es wohl bei uns sein, die eine ähnliche innere Haltung wie beim Holzsammler ausdrücken? 3. Die Geschichte zeigt, wohin es führt, wenn man auf menschliche Einschätzungen hört und nicht auf Gottes Gebot. In manchen Fällen öffnet es anscheinend die Türen für entmutigte Selbstbestimmung „mit erhobener Hand“. Daher sollten wir uns fragen: Vertraue ich darauf, dass Gottes Gebot gut und seine Gnade ausreichend ist? Oder nehme ich die Dinge nach Enttäuschungen und Rückschlägen wieder selbst in die Hand (und gehe wie in diesem Beispiel meinen gewohnten alltäglichen Dingen am Sabbat nach)?

Ist es nicht spannend, dass Gott hier gerade den Sabbat als „Barometer“ wählte, um unsere Treue und unser Vertrauen zu ihm sichtbar zu machen? Die Enttäuschung durch die Kundschafter war groß. Wie gehe ich mit Enttäuschungen und Rückschlägen um? Flüchte ich mich in die vermeintliche Sicherheit alter Gewohnheiten, die sich aber von Gottes Gebot entfernen? Oder suche ich gerade dann, vielleicht gerade besonders am Sabbat, seine Nähe, um mich an seine Versprechen und Treue zu erinnern und auf seine Gnade zu verlassen?

 

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