Das „Malzeichen des Tieres“ – müssen wir als Adventisten umdenken?

Bibel
Das „Malzeichen des Tieres“ – müssen wir als Adventisten umdenken?

Ein Interview mit Mark Finley

Ist das adventistische Verständnis vom Malzeichen des Tieres in Offenbarung 13 tatsächlich ein Ausdruck des amerikanischen „Anti-Katholizismus“ im 19. Jahrhundert, wie manche behaupten? Sollten Adventisten ihre Verkündigung womöglich überdenken und ggf. revidieren? Bill Knott, der Herausgeber von Adventist Review, führte ein Interview mit Pastor Mark Finley, einem erfahrenen Evangelisten und Leiter unserer Freikirche – und stellte dabei so manche herausfordernde Frage zu adventistischen Ansichten über das „Malzeichen des Tieres“.

Du predigst schon fast fünfzig Jahre lang über ein schwieriges Thema, das Adventisten unter dem Begriff „das Malzeichen des Tieres“ kennen. Wenn du einmal zusammenfasst, was du erlebtest, wenn du über dieses biblische Thema gesprochen hast, was hat sich dann daran geändert, wie du darüber sprichst? Und gibt es wesentliche Punkte, die du heute stärker betonst?

Ich denke, mein Verständnis vom Thema hat sich über die Jahre vertieft. Anfangs war ich direkt und habe die Tiermacht aus Offenbarung 13 eindeutig mit dem römisch-katholischen Papsttum identifiziert. In meinen frühen Evangelisationen war dies vermutlich mein Hauptfokus zum Thema. Wenn ich auch das prophetische Verständnis, das uns als bibelgläubigen Christen geschenkt wurde, in keiner Weise herabsetzen will, so habe ich heute ein viel breiteres Verständnis von dem Thema.

Worauf bezieht sich das breitere Verständnis?


Das Malzeichen des Tieres in der biblischen Prophetie hat seine Bedeutung im größeren Kontext des kosmischen Kampfes zwischen Gut und Böse und der Frage der Anbetung. Das übergreifende Thema der Offenbarung ist der Sieg Christi über die Fürsten und Mächte der Hölle mit dem zentralen Fokus auf der Anbetung des Schöpfers. Offenbarung 4,11 macht die klare Aussage: „Herr, unser Gott, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen.“ In der gesamten Offenbarung sind Anbetung und Schöpfung unauflöslich miteinander verbunden. Offenbarung 14,7 ruft dazu auf, den Herrn der Schöpfung anzubeten. Sobald der Blick auf Schöpfung und Anbetung gerichtet wird, dringt der Betrachter ins Zentrum, in den wesentlichen Teil dieses Kampfes zwischen Gut und Böse, vor. Der Blick richtet sich auf den Gott der Schöpfung, und nicht auf Luzifer, der sich die Autorität Christi als Schöpfer aneignen wollte.

Jesus Christus als ewiges Glied der Gottheit war bei der Schöpfung aktiv tätig (Eph 3,9). Bei der Frage der Anbetung, um die es in der Offenbarung geht, dreht sich alles um Jesus und seine schöpferische Autorität und Macht. Der Gedanke an Christus als Schöpfer liegt der Sabbatanbetung zugrunde. Jesus betont nicht nur die Bedeutung dieses Tages, sondern auch, dass er „der Herr“ dieses Tages ist. So sehen wir den Sabbat im Kontext einer auf die Zeit bezogenen Zuflucht, die Gott durch Jesus Christus geschaffen hat, um uns ständig an unseren Ursprung und seine nicht endende Fürsorge zu erinnern. Er ist eine Oase in der Wüste dieser Welt. Vor der Kulisse einer evolutionären Hypothese, die die Welt in den letzten beiden Jahrhunderten im Sturm erobert hat, führt der Sabbat uns zu unseren Wurzeln. Der Sabbat ist ein ewiges Mahnmal unserer Identität. Er erinnert uns daran, wer wir als Menschen sind. Er gibt jedem von uns einen Wert und bestärkt uns ständig in dem Gedanken, dass wir Geschöpfe sind und unser Schöpfer unserer Treue und Anbetung wert ist.

Du hast soeben eine bemerkenswerte Verbindung zwischen einigen großen Bibelwahrheiten aufgezeigt – dem kosmischen Konflikt, der Anbetung, der Rolle Jesu als Schöpfer und der anhaltenden Bedeutung des Sabbats. Haben alle mit dem Verständnis vom Malzeichen
des Tieres zu tun?

Wenn du die Fragen rund um das Malzeichen des Tieres völlig verstehst, dann erkennst du, dass es um etwas viel Größeres geht als nur um das Identifizieren der Tiermacht. Du schaust auf diesen Kampf zwischen Gut und Böse. Du siehst den Kampf zwischen Christus und Satan wegen der Frage der Schöpfung. Du betrachtest den Wert und die Würde des Menschen. Wenn wir nur Menschen sind, die sich entwickelt haben, wenn wir mit Haut bedeckte Knochen sind, wenn wir lediglich ein gut angelegtes Amöbenmolekül sind, wenn wir nichts weiter sind als ein genetischer Zufall, dann hat ein Menschenleben wenig Wert. Der Sabbat spricht über die Schöpfung. Er spricht über meinen Wert in Gottes Augen.

Dies ist ein Verständnis, das mit Generation Y und Generation X harmoniert. Wenn ich verstehe, dass Gott mich geschaffen und gestaltet hat, hat er auch die Umwelt dieses Planeten geschaffen. Der Sabbat ruft mich auf, mich um meinen Leib zu kümmern, denn wenn ich den Schöpfer anbete, will ich alles respektieren, was er geschaffen hat. Auch veranlasst er mich dazu, auf meine Umwelt zu achten, für die wir gute Haushalter sein sollen. Der Sabbat, laut Bibel älter als alle unsere Aufteilungen in Rassen und Völker, ist auch ein Symbol für unsere gemeinsame Herkunft. In einer Zeit von Streit zwischen Stämmen und Nationen ruft uns der Sabbat auf, zu erkennen, dass wir das Menschsein miteinander teilen.

Du hast gefragt, wie sich meine Predigt verändert hat. Wenn ich über das Malzeichen des Tieres spreche, lasse ich keinen Zweifel daran, wer das Tier ist. Aber ich äußere mich auch klar zu den größeren Fragen im Kampf zwischen Gut und Böse, wo der Teufel die höchst kreative Autorität Gottes angreift, die Menschheit vernichten will und versucht, unser Verständnis davon, wer wir in Christus sind, zu zerstören. Der Sabbat ist diese Zuflucht. Ich predige den Sabbat als ein Symbol, nicht für Legalismus oder Werke, sondern für Glauben: jeden Sabbat ruhen wir in Christus. Wir ruhen in seiner Liebe und wir ruhen in seiner Fürsorge. Und wenn eine Bedeutung des Wortes Antichrist „ein anderer Christus“, ein Ersatz-Christus, ist, dann setzen menschliche Werke durch die antichristliche Macht etwas anderes an die Stelle des von Gott eingesetzten Sabbats.

Du bringst den Sabbat mit dem Verständnis von der Gerechtigkeit aus Glauben in Verbindung.


Hier meine Behauptung: Der Sabbat ist das Symbol der Gerechtigkeit aus Glauben, und der Sonntag ist das Symbol der Gerechtigkeit aus Werken. Wieso? Weil ich am Sabbat in Christus ruhe, der am Kreuz von Golgatha für mich starb. Ich anerkenne meine absolute Unfähigkeit, mich selbst zu erlösen, und das völlige Ausreichen der Gnade Christi. Jeden Sabbat sage ich: „Jesus, du hast mich gemacht. Du hast mich geschaffen. Du bist für mich gestorben. Ich ruhe in deiner Liebe und Fürsorge.“

Warum ist der Sonntag – die Erfindung der Tiermacht – ein Symbol der Gerechtigkeit aus Werken? Wenn in der Zeit des Kompromisses zwischen Kirche und Staat durch religiös-politische Führer der Sabbat verändert wurde, bedeutet die Annahme des Sonntags, ein menschliches Werk gegen ein göttliches Gebot auszuspielen. Und wenn ich ein göttliches Gebot durch ein menschliches Werk ersetze, ist es so, als würde ich wieder das Opfer bringen, das Kain gebracht hat. Kain brachte etwas, was er aus eigenem Ermessen für das gebotene Opfer hielt. Darum kann man das Malzeichen des Tieres nicht abseits vom Zusammenhang der größeren Perspektive des Konflikts zwischen Gut und Böse darstellen und erklären.

Der Sabbat ist vor allem ein Ruf zur Identität in Christus, ein Ruf zu unseren Wurzeln in der Schöpfung, eine auf die Zeit bezogene Zuflucht. Ich sehe ihn als Ruf, unseren Körper und die Umwelt zu achten. Ich sehe ihn als Zeit der Ruhe in Jesus von unseren Werken zur Annahme seines Werkes am Kreuz. Und ich sehe ihn als Ausblick auf den neuen Himmel und die Neue Erde, die er neu schaffen wird, wie er sie im Anfang erschuf.

Und da ist noch ein ganz persönlicher Aspekt: Wenn Gott den Sabbat schaffen kann – wenn Gott die Welt erschaffen hat und der Sabbat ein Gedenktag der Schöpfung ist – dann kann er mein Herz neu schaffen. So ist der Sabbat ein Symbol dafür, was seine heiligende Macht tun kann, um mich zu verändern! Denn denen, die sich in Gebundenheit und Ketten der Sünde abmühen, hilft kein Humanismus, sondern das Evangelium. Und der Kernpunkt des Sabbats ist das Evangelium.

Erklärt man das Malzeichen des Tieres einfach schnell als das historische Phänomen des römisch-katholischen Papsttums, das sich in der Sonntagsanbetung zeigt, so reicht das gewissermaßen nicht weit genug, um die größeren Fragen zu verstehen?


Es ist sicher nicht falsch, aber es ist begrenzt. Wenn ich nur predige, dass die Tiermacht das Papsttum ist, bleibt die Frage: Inwiefern? Inwiefern ist die Tiermacht das Papsttum? Und der Grund dafür ist, dass ein menschlich-religiöses System die Autorität Christi gegen seine Autorität ausgetauscht hat. Ein menschlich-religiöses System hat das Herzstück der Gebote Gottes verändert. Mit der Veränderung dieses Gebots wird eines der kostbarsten Geschenke vernichtet, die Gott den Menschen jemals gab – die Sabbatruhe.

Siebenten-Tags-Adventisten sehen, wie andere Christen auch, die Versöhnung Christi als den zentralen Fokus unseres Glaubens. Sagst du da gerade, das Malzeichen des Tieres mit seinem ersetzten Anbetungstag bietet eine andere Art der Versöhnung an?


Ja. Und lass mich das noch etwas weiter fortführen. ... Ich bin katholisch aufgewachsen, in den ersten acht Jahren meines Lebens haben mich Priester und Nonnen erzogen. Ich habe große Wertschätzung für alle mit diesem Hintergrund, für ihre Aufrichtigkeit und Echtheit. Als ich dann anfing, die Prophezeiungen zu verstehen, war mir klar, dass es in jener Tradition ein breites Abweichen vom Verständnis wesentlicher Inhalte des Evangeliums, von der biblischen Wahrheit und von den Themen der Anbetung gegeben hatte. Im römisch-katholischen Papsttum, so sehr es sich auch von den vielen ernsten Gläubigen dieser Konfession unterscheidet, sehen wir ein menschlich-religiöses System, das vom schlichten Evangelium, von der Klarheit der biblischen Wahrheit und vom wesentlichen Aspekt der Anbetung, dem Sabbat, abgewichen ist. Das äußerliche Drum und Dran der Religion – Weihrauch, Kerzen und Statuen – hat das Wesentliche des Glaubens ersetzt.

Adventisten haben ein einzigartiges Verständnis vom himmlischen Heiligtum. Wir glauben, dass Jesu Opfer am Kreuz ein ewig gültiges, vollständiges Opfer war. Die Versöhnung, die er am Kreuz erwirkte, wird jedoch durch seine Fürbitte im himmlischen Heiligtum auf den Einzelnen angewandt. Wir brauchen ein Opfer – Jesus. Wir brauchen einen Priester – Jesus. Irdische Priester können nie den himmlischen Priester ersetzen. Das irdische Messopfer kann für die durch Christus erwirkte Versöhnung nie ein Ersatz sein. Im Glauben sehen wir das himmlische Heiligtum, wo Jesus dient. Unser Auge richtet sich nicht auf ein irdisches Heiligtum mit seinem Weihrauch, seinen Kerzen, seinen Priestern und seinem Messopfer, weil wir auf den Himmel ausgerichtet sind. Dies alles ist der wichtige Hintergrund zum Verständnis von Offenbarung 13. Wenn du dies nicht richtig im Blick hast und nur ans historische Identifizieren der Tiermacht denkst, verpasst du das Wesentliche von dem, was Gott dir sagen will.

Und es wird noch persönlicher: Immer wenn mein menschliches Ego und mein menschlicher Stolz mein Verhalten bestimmen, zeigt sich die Tiermacht in mir.

Dann stimmst du nicht mit denen überein, die das adventistische Verständnis vom Malzeichen des Tieres einfach als einen Ausdruck des amerikanischen Anti-Katholizismus im 19. Jahrhundert kritisieren?


Sie liegen total daneben. Geht aus Offenbarung 13 klar hervor, dass die päpstlichen Mächte gemeint sind? Sicher. Und es ist eine eindeutige Parallele zu Daniel 7. Martin Luther identifiziert mit den anderen großen protestantischen Reformern die Tiermacht und die antichristliche Macht als das römische Papsttum. Und du kannst noch weiter zurückgehen als bis dahin, um in der gesamten christlichen Geschichte mutige Stimmen zu finden, die dieselbe Identifizierung vorgenommen haben. Dies ist keine theologische Innovation aus dem 19. Jahrhundert, die Siebenten-Tags-Adventisten vorgenommen haben. Dies ist die historische Wahrheitskette, die in der protestantischen Reformation gelehrt und verkündet wurde.

Du sagst also: Dass wir unsere historische Deutung für das Malzeichen des Tieres beibehalten, sei ein Ausdruck davon, dass wir wahrhaftig Protestanten geblieben sind?

Ja. Und wenn du zum Beispiel den Vergleich zwischen Daniel und Offenbarung ziehst, siehst du in Daniel 7 und Offenbarung 13 die großen Parallelen. Adventisten stehen auf solidem biblischen Boden, wenn sie die Tiermacht als das Papsttum identifizieren – und sie stehen auf demselben Boden wie viele protestantische Reformer. Wenn wir beschreiben, wie die Tiermacht aus dem Römischen Reich hervorging, dass sie zu einer weltweiten religiösen Macht wurde, die Gottes Kinder über lange Zeiten – dem Mittelalter – durch die Vereinigung von Kirche und Staat verfolgte, dass sie nach Offenbarung 12,6 und den folgenden Versen 42 Monate bzw. 1260 Jahre regierte, betonen wir, was die Bibel betont.

Wenn man diese biblischen Markierungen, diese Identifikationen betrachtet, kann man klar erkennen, welche Macht diese Dinge tat. Ist Prophetie wirklich so geheimnisvoll? Ist sie so trügerisch, dass man ihre zentralen Charakterzüge nicht zuordnen kann? Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass Offenbarung 13 vom römisch-katholischen Papsttum spricht und das kleine Horn in Daniel 7 dieselbe Macht ist.

Manch einer sagt vielleicht: „Das stimmt sicher alles. Aber ist das heute noch wichtig?“


Die Frage ist: „Warum gibt Gott uns diese klaren identifizierenden Zeichen?“ Was bedeuten sie? Will er nur aufzeigen, wer die Verfolgungsmacht ist? Ganz und gar nicht. Er will auf die größeren Fragen im Kampf zwischen Gut und Böse aufmerksam machen, uns zur wahren Anbetung zurückführen.

Interessant ist, dass Ellen White die Antithese oder das Gegenteil vom Malzeichen des Tieres als das Siegel Gottes definiert. Und sie beschreibt es als „ein sich Niederlassen in der Wahrheit, sowohl intellektuell als auch spirituell, so dass man nicht hin- und herschwankt“. 1 Der Sabbat als Gottes erkennbarer Tag der Anbetung wird zum sichtbaren Symbol dieses Siegels. Epheser 4,30 sagt: „Und betrübt nicht den heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung.“ Der Heilige Geist wird zur versiegelnden Kraft, die uns in eine Hingabe an Christus und seine Wahrheit bringt, so dass wir nicht schwanken können. Wir wagen es nicht, in eine Akzeptanz menschlicher Lehren oder Theorien abzugleiten, die Gottes Wort ersetzen soll. Sabbat und Sonntag werden die sichtbaren Weichen eines sich in der letzten Zeit steigernden Kampfes zwischen Gut und Böse sein.

Neuartige Vorstellungen über das Malzeichen des Tieres

Man kann im Internet Dutzende – vielleicht Hunderte – von Theorien über das Malzeichen des Tieres finden. In den vielen Jahren deiner öffentlichen Evangelisationen hast du sicher von einigen der eher exotischen Ideen gehört. An welche erinnerst du dich, die besonders ungewöhnlich waren?

Nun, zum Beispiel dass Adolf Hitlers Regime als das Malzeichen des Tieres bezeichnet wurde.

Wirklich?


Ja, einige haben das gesagt. Andere haben die Namen von U.S.-Präsidenten genommen und sind bei neuartigen Formulierungen gelandet. Doch eine der lustigsten kam in Russland auf, als ich Anfang der 1990er Jahre im Olympia Stadion predigte. Als ich aufstand, um zu predigen, kamen Frauen aus dem Saal herauf – wir hatten nämlich etwa 1.000 oder 1.500 Personen getauft – um mir Blumen zu bringen. Als ich herunterreichte, um die Blumen entgegenzunehmen, lief eine Frau den Gang hinunter und riss mir das Mikrofon aus der Hand. Dann sagte sie: „Dieser Mann ist das Malzeichen des Tieres! Dieser Mann ist der Antichrist! Greift ihn an!“ Ungefähr zwanzig junge Leute stürzten auf die Bühne. Diese Frau war zu der Zeit die führende Kultfigur in Russland und aus irgendeinem Grund sah sie in mir den Antichristen.

Diese jungen Leute rannten auf mich zu, um mich zu attackieren. Zum Glück hatte ich mehrere KGB-Offiziere und russische Soldaten getauft und sie hatten ihre Geschicklichkeiten nicht vergessen. Sie kümmerten sich um die Störung und bekamen sie in den Griff. Doch dasselbe wiederholte sich an 14 Abenden nacheinander!

Du hast vermutlich gehört, dass es die Vorstellung gibt, das Malzeichen des Tieres sei ein sichtbares Zeichen oder ein winziger Chip, der injiziert werden kann.


Ja, und natürlich habe ich auch von nationalen ID-Karten gehört.

Was sagst du denen, die sicher sind, dass Dinge, die sie woanders gehört haben, richtig sind, und was sagst du denen, die nach etwas suchen, was sie sehen und spüren können?


Ich sage ihnen: „Ich weiß nicht, wie das Malzeichen des Tieres durchgesetzt werden wird. Es kann durchaus verschiedene Wege geben. Die Bibel sagt darüber nichts aus.“ Und dann sage ich ihnen: „Habt ihr beachtet, was der Text aussagt, dass nämlich das Malzeichen des Tieres an die Stirn oder an die Hand gegeben wird, das Siegel Gottes aber nur an die Stirn? Meint ihr, wir werden ein Tattoo an unserer Stirn haben, auf dem ‚Siegel Gottes‘ steht?” Alle sagen: „Nein, das glaube ich nicht.“ Dann frage ich: „Warum ist das Malzeichen des Tieres an der Stirn oder an der Hand? Der Grund ist folgender. Dem Teufel ist es egal, ob er dich intellektuell überzeugt, dem Tier zu folgen, oder ob er dich zwingt, dem Tier mit dem Symbol an der Hand zu folgen. Gott aber wendet nie Zwang an. Er lässt uns immer die freie Entscheidung.“

Demnach geht es hier auch um den freien Willen – Gottes Geschenk der Entscheidung.


Genau! Gott lässt uns frei entscheiden. Ich weiß nicht, wie der Teufel das Malzeichen des Tieres durchsetzen wird. Vielleicht spielt eine Identitätskarte eine Rolle; wir wissen es nicht. Die große Frage ist, was sich in deinem Denken abspielt. Es geht um den Kampf zwischen Gut und Böse. Wir sollten nicht zu Dingen Stellung nehmen, zu denen wir keine Erkenntnis haben und um die es nicht in erster Linie geht. Ich verlagere das Gespräch auf Vorgänge im Denken des Hörers und fordere ihn auf, so stark in Christus zu sein, dass niemand ihn zwingen kann. Wenn es um Teenager geht, spreche ich mit ihnen über Gruppendruck, darüber, wie leicht sie unter den Druck von Freunden kommen, Drogen zu nehmen oder in die Alkohol-Szene abzurutschen. Und ich erinnere sie daran, dass am Ende diejenigen das Malzeichen des Tieres erhalten, die mit ihren Entscheidungen, die sie getroffen haben, Gefahr für ihre Rechtschaffenheit über sich gebracht haben.

Zwang kann aus anderen Richtungen als nur von einer Regierung kommen?


Absolut. Wenn du deine Rechtschaffenheit auf einer Party aufs Spiel setzt oder dich in eine unerlaubte Beziehung mit deiner Freundin oder deinem Freund außerhalb der Ehe gedrängt fühlst, was wirst du dann tun, wenn das Malzeichen des Tieres kommt und wenn es sagt, du kannst weder kaufen noch verkaufen? Hier geht es um eine grundsätzliche Herzenshaltung. Beim Malzeichen des Tieres geht es im Grunde um die Frage, wem ich vertraue. Habe ich Jesus mein Leben vollständig und in absolutem Vertrauen zu ihm übergeben?

Ich höre dich sagen, dass uns simple Auslegungen darüber, was das Malzeichen des Tieres ist und wie es dazu kommen wird, nicht immer gut tun. Du rufst dazu auf, an den biblischen Markern festzuhalten und zu betonen, dass jeder in seinen Entscheidungen frei ist.


Lass es mich ganz klar sagen. Nachdem ich nun seit fünfzig Jahren diese biblische Wahrheit studiere und predige, habe ich keinerlei Zweifel an der prophetischen Auslegung, wie STA sie verstehen. Ich glaube sie und predige sie. Aber nur Daten und Identifizierungen zu predigen, ändert Menschen nicht in ihrem Inneren. Es kann den Intellekt oder ihr Denken irgendwie verändern. Aber mir geht es darum, was alledem zugrunde liegt und was es bedeutet, dass Menschen sich zu einer Herzensveränderung bewegen lassen.

„Nur Jesus“ predigen – ist das die volle Botschaft?

Hast du im Laufe der Jahre neugetaufte Adventisten kennengelernt, deren intellektuelles Verständnis von diesen Fragen sich verändert hat, die aber noch bei ihrem Verständnis von wahrer Anbetung geblieben sind, die „zur Wahrheit“ fanden, aber nicht zum Evangelium?

Sie haben ihren Anbetungstag verändert, aber ihr Herz hat sich nicht verändert. Zum Glück trifft das nicht auf alle zu, aber so habe ich es erlebt. Was mich heute mehr beunruhigt, ist die entgegengesetzte Reaktion. Menschen, die sagen: „Oh, ich werde Jesus predigen, aber ich werde den prophetischen Aspekt weglassen. Ich werde Jesus predigen, aber ich möchte weg von ‚dieser alten Mentalität.‘“ Es gibt keine Zweiteilung zwischen Jesus und einem korrekten Verständnis der biblischen Prophetie. Christus und die Lehre lassen sich nicht voneinander trennen. Christus anzunehmen bedeutet, die Lehren Christi anzunehmen. Wenn ich Jesus annehme, nehme ich seine Lehren an. Und nach Offenbarung 1,1 ist das letzte Buch der Bibel „die Offenbarung Jesu Christi“. So ist uns die Offenbarung Jesu von einem liebenden Gott gegeben, der will, dass wir die Zukunft kennen, der uns verständlich machen will, dass diese Welt eine Krise mit dem Malzeichen des Tieres zu erwarten hat. Es wird einen Konflikt bezüglich der Anbetung geben. Wie bereiten wir uns darauf vor? Der lebendige Christus muss unser Leben verändern und uns für das bevorstehende Geschehen stärken.

Es gibt heute viele YouTube-Videos und Websites, die der Adventgemeinde deswegen kritisch gegenüberstehen, weil sie das Malzeichen des Tieres nicht unterstreicht, wie manche es gerne sehen würden. Was sagst du zu Adventisten oder anderen Christen, die meinen: wenn man über das Malzeichen des Tieres in Verbindung mit dem Evangelium spricht, würde man die Wahrheit „aufweichen“?


Wenn dein Verständnis vom Malzeichen des Tieres dich ärgerlich macht, stimmt etwas nicht. Wenn dein Verständnis vom Malzeichen des Tieres dich ärgerlich auf Katholiken macht, ärgerlich auf Kirchenadministration, ärgerlich auf Menschen, die nicht so predigen, wie sie nach deiner Meinung predigen sollten, musst du noch einmal dein Herz erforschen. Dein Verständnis vom Malzeichen des Tieres sollte dir die Leidenschaft vermitteln, verlorene Menschen mit dem Evangelium Jesu und der prophetischen, einzigartigen Botschaft der Drei Engel zu erreichen, um die Welt auf die baldige Wiederkunft unseres Herrn Jesus vorzubereiten. Wenn doch nur die Leute, die Zeit und Energie damit verbringen, Videos zu produzieren, um die Adventgemeinde und ihre Leitung anzugreifen, auf ihre Knie gehen und sagen würden: „Jesus, gib mir meine Stadt; Jesus, gib mir meine Nachbarn.“ Wenn mein Prophetieverständnis mich nicht zu einem liebevolleren, freundlicheren und barmherzigeren Christen macht, dann sollte ich mein Verständnis neu überdenken.

Was ist das entscheidende Thema in der Offenbarung? Offenbarung 1 stellt Jesus als Erlöser, als den himmlischen Sohn Gottes und den Einen vor, der wiederkommt. Offenbarung 1 wartet mit einem Jesus auf, der im Fleisch wohnte (engl.: „tabernacled“), einem Jesus, der kam, um zu sterben, mit Jesus, dem Lebendigen, der sagt „ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit“. [Vers 18] Der gesamte Dienst Jesu wird in Offenbarung 1 dargestellt. Dann hast du die sieben Gemeinden in Offenbarung 1-3. Sie enden mit Laodizea, dem Gericht und dem Kommen Jesu. Dann hast du zwei Kapitel, Offenbarung 4 und 5, die die Anbetung im Himmel beschreiben und Jesus als Schöpfer und Erlöser darstellen. Als nächstes kommen die sieben Siegel. Auch sie haben ihren Höhepunkt darin, dass Jesus siegt. Darauf folgen die sieben Posaunen. Sie enden ebenfalls mit dem Sieg Christi. Dann kommt man zu Kapitel 12, das den Kampf durch die Jahrhunderte beschreibt und wieder mit dem Sieg Christi endet. Danach kommen wir zu Offenbarung 13 und 14, die mit der Ernte und dem Sieg Christi enden. Dann kommt die Einleitung zu den sieben letzten Plagen, Offenbarung 15 und 16. Auch sie enden damit, dass Jesus siegt. Danach kommen wir zur Gestalt Babylon, Offenbarung 17 und 18, und wiederum ist das Ende der Sieg Christi. Dann schlägst du die Kapitel 19 und 20 auf – der Sieg Christi. Danach Kapitel 21 und 22 – der Sieg Christi. In der gesamten Offenbarung haben wir in jeder prophetischen Vision ein Thema, und das ist die wunderbare Wahrheit, dass Jesus gewinnt und Satan verliert. Das Thema lautet: Jesus wird siegen; Satan wird verlieren.

Wenn du die Prophezeiungen aus der Offenbarung verkündest, aber dein Augenmerk hauptsächlich auf die Tiere und die mystischen Bilder und die geheimnisvollen Symbole und nicht auf Christus richtest, der siegreich ist, hast du das Ziel der Offenbarung verfehlt! Es ist ähnlich, wie Jesus es sagte: „Dies sollte man tun und jenes nicht lassen.“ (Matth. 23,23) Es reicht nicht, die Leute zu warnen und ihnen zu sagen, was das Malzeichen des Tieres ist. Es ist lebenswichtig, ihnen das Lamm Gottes vor Augen zu führen. Im Grunde geht es um ein falsches Evangelium, das zum Ersatz für das echte, authentische Evangelium Jesu Christi geworden ist.

Amerika in der Prophetie

Ich weiß, du hast viele Freunde außerhalb der Adventbewegung. Was sagst du denen, die keine Mitglieder dieser Glaubensrichtung sind, wenn sie fragen: „Woher sollen wir wissen, dass dies eine reale Bedrohung in unserer Zeit ist?“ Was siehst du im Jahr 2018, das dich überzeugt: Dies alles heute zu wissen, ist irgendwie dringender als zu der Zeit, als du vor fünfzig Jahren anfingst zu predigen?

Ich sehe, wie das Römische Papsttum an Autorität, Macht und Einfluss rundum in der Welt gewinnt. Der Papst wurde warmherzig in den Vereinten Nationen begrüßt. Im Jahr 2015 bereiste er die Vereinigten Staaten und erhielt die beispiellose Gelegenheit, in einer gemeinsamen Sitzung im U.S.-Kongress zu sprechen. Könige, politische Führer und Präsidenten besuchen ihn regelmäßig im Vatikan. Von seiner äußeren Erscheinung her mildert das Papsttum offenbar sein Image, um sich der Andersgläubigkeit unseres Zeitalters anzupassen. Wir sind in einer Zeit, in der die Welt nach einer moralischen Führung Ausschau hält. Wenn ich mir heute die politische Bühne anschaue, sehe ich, dass die Welt nach moralischer Führung schreit.

Manche Leute sagen, große moralische Führer der Welt seien schwerlich an mehr als einer Hand aufzuzählen.


Und sie haben Recht. Wo findest du heute moralische Führung? Wo findest du jemanden, zu dem du aufschauen und sagen kannst: „Wo ist derjenige, der moralisch geeignet ist, die Welt zu führen? Wer hat den ethischen Respekt, um als Führer der Welt aufzutreten?“ Und wenn du heute die Welt zusammenbringen willst, eine durch ethnische Spannungen und Rassismus zerrissene Welt, Regierungen und sogar Verbündete, die einander nicht vertrauen, dann kommt die Frage auf: „Wo ist eine moralische Stimme in der Welt, die auftreten könnte, um Menschen zusammenzubringen?“

Wo sehe ich das römisch-katholische Papsttum aufsteigen? In einer Welt der Instabilität und Unsicherheit, einer Welt zunehmenden Hungers und wachsender Armut, in einer Welt mit Umweltkatastrophen und in einer zunehmenden Bedrohung durch Nuklearwaffen, ist die Bühne frei, um in dem Römischen Pontifex für jedermann einen moralischen Führer zu sehen. Es wäre leicht für den Pontifex, sehr leicht, wenn es einen wirtschaftlichen Kollaps gäbe, wenn es Naturkatastrophen gäbe, wenn es einen begrenzten Nuklearschlag gäbe, der Eine zu sein, den die Welt einlädt, alle zusammenzubringen.

Siebenten-Tags-Adventisten und einige andere Protestanten haben historisch gesehen das „lammähnliche Tier“ aus Offenbarung 13, das mit der Tiermacht kooperiert, als die Vereinigten Staaten ausgemacht. Gemeinsam werden sie zu verfolgenden Mächten, die die Freiheit des Gewissens einschränken und eine Anbetung durchsetzen, der durch einen falschen Tag gekennzeichnet ist. Was sagst du zu jemandem, der die Prophetie studiert und kennt und sagt: „Amerika verliert seinen Status als Supermacht, also muss unsere Auslegung falsch sein“?


Zunächst denke ich, man soll sich nicht in die Prophetie zurückziehen. Menschen ziehen sich in die Prophetie zurück, wenn sie sagen: „Was ich in der Welt sehe, China und Russland streben auf und Amerika verliert seine Stellung, bedeutet, dass Amerikas Rolle in der Prophetie nicht das sein kann, was wir gesagt haben.“ Man interpretiert aber Offenbarung 13 nicht mit dem Blick auf aktuelle politische Ereignisse. Man interpretiert aktuelle politische Ereignisse im Kontext von Offenbarung 13. Die erste biblische Frage, die man stellen muss, ist, ob es eine solide, biblische Auslegung ist, wenn in Offenbarung 13 das lammähnliche Tier als die Vereinigten Staaten identifiziert wird? Ich glaube, dass es so ist. Das zweite Tier kommt „aus der Erde“, einem unbewohnten Gebiet. Es tritt zu der Zeit der historischen Ära auf, als das erste Tier in Gefangenschaft ging – 1798 – am Ende der prophezeiten 1260 Jahre. Die Zeit ist also richtig und der Ort ist richtig. Dieses zweite Tier ist lammähnlich – mit zwei Hörnern, wie ein Lamm: eine republikanische und demokratische Regierungsform. Mit diesen klaren Kennzeichen konnte nur eine Nation auf Erden im Blickfeld sein, die Vereinigten Staaten, die genau mit diesen Charakteristiken zum richtigen Zeitpunkt in der Weltgeschichte aufkamen.

Die Wahrnehmung, dass Amerika heutzutage seinen Einfluss in der Welt verliert, ist ein vorübergehendes Phänomen. Amerika ist immer noch die führende Nation der Welt in vielen Bereichen. Zu einer Zeit von großer internationaler Spannung oder wirtschaftlichem Stress oder überwältigenden Naturkatastrophen, sucht die Bevölkerung Stabilität und wendet sich an seine traditionellen Führer, was bedeutet, dass sie nahezu gewisslich Amerikas Einfluss bestätigt. Die Bibel gibt uns nicht alle Informationen darüber, wie das geschehen wird. Aber sie lässt uns wissen, dass es geschehen wird.

Als ich ein junger Mann war, sagte man mir: „Weil wir mit John Kennedy einen römisch-katholischen Präsidenten haben, wird das Malzeichen des Tieres bald durchgesetzt werden.“ Das ist ein falsches Verständnis von der biblischen Prophetie. In Offenbarung 13,14 lesen wir: „... dass sie ein Bild machen sollen dem Tier“. Ellen White gibt dazu einen Kommentar. In diesem Satz steht „sie“ und EGW sagt, dies sei einer der größten Beweise dafür, dass das lammähnliche Tier die Vereinigten Staaten mit ihren demokratischen Institutionen darstellt. Der Plural „sie“ kommt von „denen, die auf Erden wohnen“. Und dann sagt sie: „Selbst im freien Amerika werden Regierende und Gesetzgeber, um sich das Wohlwollen der Öffentlichkeit zu sichern, dem weit verbreiteten Verlangen nach einem Sonntagsgesetz nachgeben.”2 Es ist also nicht so, dass das Gesetz zum Einhalten des Sonntags, das Malzeichen des Tieres, von einem autokratischen Führer kommt, der ganz oben sitzt; vielmehr kommt es von unten nach oben, von denen, die die Wählerstimmen angsterfüllter oder verzweifelter Menschen zu einer Zeit suchen, wenn die Wirtschaft zusammenbricht oder wenn Hungersnot, Feuer, Wasserflut oder Erdbeben geherrscht haben. Ellen White prophezeit, dass in der bevorstehenden Endzeit die bevölkerungsreichen Städte dem Verfall preisgegeben sein werden. Wir haben also eine chaotische Situation und normale Bürger werden diejenigen sein, die von ihrer Regierung fordern, etwas zu tun. Sie sprechen die moralische Krise an. In Krisenzeiten geht alles schnell und mit wenig Rücksicht auf Vorheriges voran.

Viele Ausleger der Prophetie haben behauptet, das Verlangen nach einem einheitlichen Tag der Anbetung würde von denen kommen, die sie als „religiöse Rechte“ bezeichnen, von denen, die in der amerikanischen Gesellschaft wieder moralische Werte aufbauen wollen. Könnte ein zunehmend säkulares Amerika dergleichen anstreben?


Es gibt etwas, das alle Menschen vereint. Ich gebe dir ein Beispiel. Nach der Massenerschießung beim Konzert in Las Vegas, bei der viele Menschen von einem bewaffneten Mann getötet wurden, kamen nicht nur religiöse Leute zur Mahnwache Weltliche Menschen kamen ebenfalls in Scharen. Katholiken kamen, Protestanten kamen; Atheisten kamen. Warum? Weil eine Krise in einem Moment gemeinsamer Erlebnisse die Menschen zusammenbrachte. Wenn ich am Hudson River mit zwei Atheisten, zwei Juden und drei Moslems entlanggehe und eine Frau mit ihrem Baby ins Wasser fallen sehe, fragt keiner: „Welche Religion vertrittst du?“ Wir gehen hinein und retten die Frau! Also, wenn die Gesellschaft auseinanderfällt und irgendetwas sie zusammenbringen kann, können sich möglicherweise aus einer Not heraus Bündnisse bilden, wo wir sie nicht erwartet haben. Ich sehe kein nationales Sonntagsgesetz mit dem Mandat, dass „jeder unter dem Römischen Papsttum anzubeten hat.“ Ich erwarte, dass Baptisten noch Baptisten sein werden, Methodisten noch Methodisten sein werden, Katholiken noch Katholiken sein werden und weltliche Menschen müssen keine Gläubigen werden, um eine Maßnahme zu billigen, die einer bröckelnden Gesellschaft Hoffnung anbietet.

Anhänger anderer großer Weltreligionen müssen nicht Christen werden, um das Einhalten des Sonntags zu bestätigen und sogar zu unterstützen. Moslems und Hindus mögen sagen: „Seht her, zur Verbesserung der Welt, zur Verbesserung der Gesellschaft akzeptieren wir den Sonntag wie diese sozial-politische, religiöse Verordnung eine ist.“

Doch was werden Siebenten-Tags-Adventisten in diesem kritischen Moment sagen? „Wir können nicht mitmachen, weil wir an die Richtigkeit des Wortes Gottes glauben. Wir glauben an die Autorität der Bibel. Wir bejahen die moralischen Fundamente der Gebote Gottes. Wir akzeptieren den biblischen Sabbat.“

Wie schnell werden nach deiner Meinung diese Entwicklungen vonstatten gehen, selbst wenn sie durch eine Naturkatastrophe oder durch eine von Menschen gemachte Katastrophe vorangetrieben werden?


Ich denke, das Malzeichen des Tieres wird sich allmählich herausbilden. Wenn ich das Buch Der Große Kampf  lese, finde ich, dass es anfangs eine Verordnung geben könnte, die den Menschen auferlegt, nicht am Sonntag zu arbeiten. Später dann: „Wenn du am Sonntag arbeitest, bekommst du es mit ökonomischen Strafen zu tun.“ Wenn dann die Anbetung am Sabbat die Antithese zu dem ist, was sie erreichen wollen, sagen die Autoritäten: „Du kooperierst nicht, du hilfst nicht mit, die soziale Ordnung aufzubauen.“ Es ist sehr interessant, wenn man zurückblickt, um zu sehen, wie es zur Veränderung des Sabbats unter Kaiser Konstantin im Jahr 321 n. Chr. kam. Seine Verordnung sagte nichts über Anbetung aus. Sie verfügte: „Am ehrbaren Tag der Sonne sollen die Magistrate und Menschen, die in Städten leben, ruhen und alle Werkstätten sollen geschlossen sein.”3 Sie fing also als ein sozialer Tag an, um das ganze Römische Reich zusammenzubringen, es zu vereinen. Kirchenführer akzeptierten diesen Kompromiss. Heiden und Christen waren sich aufgrund des sozialen Wertes für die Gesellschaft insgesamt einig.

Sie brachten ihren Frieden. Aber es ist viel mehr daraus geworden.


Das stimmt. Ich sehe das nationale Sonntagsgesetz nicht über Nacht kommen. Ich sehe eine Menge Debatten, die stattfinden. Ich denke, das gehört alles zu Gottes Plan, weil es Menschen sensibilisiert, und es ermöglicht uns, Gottes Wahrheit in einem kritischen Moment zu verkündigen. Das Durchsetzen kann mit anfänglichen Geldstrafen beginnen, später folgt dann Gefangennahme, danach das Nicht-Kaufen-oder-Verkaufen-Können und zuletzt dann der Höhepunkt: Ein Todesdekret für diejenigen, die sich dem vermeintlich sozialen Wohl eines einheitlichen Tages der Ruhe und der Anbetung verweigern.

Dies klingt nach dramatischen Ereignissen und sie sind es natürlich auch. Aber in der adventistischen Auslegung der Prophetie, die sich aus dem Buch Daniel ergeben hat und deren Grundsätze auf die Prophezeiungen der Offenbarung anzuwenden sind, liegt eine interne Logik.

Wenn du die Tiermacht als das römisch-katholische Papsttum ablehnst, hast du ein großes Problem damit, die protestantischen Reformer zu akzeptieren, denn sie waren in ihrer Identifizierung eindeutig. Aber es gibt noch weitere große Probleme. Als Adventisten akzeptieren wir den prophetischen Dienst von Ellen White und sie schrieb ausführlich über das Thema. Wenn du die Identifizierung des Römischen Papsttums als die Tiermacht aus Offenbarung 13 leugnest und wenn du die Vereinigten Staaten als das lammähnliche Tier aus demselben Kapitel leugnest, wie legst du dann die Aussagen von Ellen White im Buch Der große Kampf aus, die so klar sind? Du endest damit, dass du die prophetische Gabe leugnest und im inspirierten Schrifttum von Ellen White nur noch hilfreiche Ausführungen einer gläubigen Verfasserin siehst.

Du unterstreichst wieder die Vernetzung adventistischer Glaubensüberzeugungen untereinander.


Wenn es, wie manche behaupten, keine reale Auseinandersetzung über das Gesetz Gottes gibt, wenn es keinen eschatologischen Konflikt über die Gebote gibt, wenn es nicht um die Frage der Anbetung des Schöpfers geht, wo befinden sich Adventisten dann mit dem Sabbat? Ellen White sagt, zu Adventisten gewandt: „Trennt den Sabbat von den Botschaften und er verliert seine Kraft.“4

Siehst du irgendwelche politischen oder gesetzlichen Entwicklungen am Horizont, die dich vermuten lassen, dass uns ein nationales Gesetz bevorsteht, das die Sonntagsruhe fordert?

Die Personen, mit denen ich spreche, die in unserer Abteilung für Religiöse Freiheit sachkundig arbeiten, sagen mir, sie sehen momentan keine bestimmte Gesetzgebung im US-Kongress, die auf die Schnelle ein nationales Sonntagsgesetz herbeiführen könnte. Es gibt zwar momentan einige beunruhigende Probleme, die scheinbar die Trennmauer zwischen Kirche und Staat zerfressen. Aber das bedeutet nicht, dass unsere religiösen Freiheiten sich nicht schnell in Dunst auflösen könnten. Offensichtlich wird es eine lange legislative Debatte über diese Fragen geben, so dass jeder selbst die Heilige Schrift erforschen und über die Themen informiert sein kann. Aber ich denke, als STA befinden wir uns auf einem Boden, der sichererer ist, als dass wir einfach nur sagen können: „Dies ist es, was die Bibel lehrt. Dies sind die Fakten der Geschichte.“ Wir können aufgrund dessen, was die Bibel lehrt, bei von Herzen aufrichtigen Menschen Berufung einlegen, nicht bei einem Teil der Gesetzgebung, der momentan vor dem Kongress ist, oder bei einem Fall, der vor dem höchsten Gericht verhandelt wird.

Was würdest du denen sagen, die es zu einem Glaubensartikel gemacht haben, eine kurze Zeitspanne aktueller politischer Ereignisse mit der biblischen Prophetie zusammenzubringen?


Die längste Zeitweissagung der Bibel ist im Jahr 1844 abgelaufen. Also richten ernste Leute, die auf „Zeitfragen“ versessen sind, ihren Blick auf die falsche Stelle. Gott hält Ausschau nach Menschen, die sich vorbereiten wollen, die das Evangelium verstehen und deren Leben sich durch das Evangelium so verändert hat, dass sie der Welt Gottes Herrlichkeit offenbaren. Ich sage meinen Brüdern und Schwestern, die auf Zeitfragen fixiert sind: „Legt den Schalter um und betont viel mehr das Herz. Seht auf das, was ihr nach Jesu Willen in eurem Leben tun sollt. Und seht auf das, was Jesus für uns tun will: Er will unsere Kälte und unseren Zynismus, unsere Kritik und unser Geschwätz und unsere Lust und unseren Materialismus beseitigen.“

Zeitprophezeiungen sind wichtig, aber es gibt etwas Wichtigeres: Jesus und seine lebensverändernde Macht zu kennen. Die Zeit ist da, um Menschen, die ihn und sein Evangelium lieben, auf das Kommen Jesu vorzubereiten.

Quellen:

1 Ellen G. White, The Seventh-day Adventist Bible Commentary (Hagerstown, Md.: Review and Herald Pub. Assn., 1955, 1977), vol. 4, p. 1161.
2 Ellen G. White, The Great Controversy (Mountain View, Calif.: Pacific Press Pub. Assn., 1950), p. 592.
3 Philip Schaff, History of the Christian Church: Vol. II: From Constantine the Great to Gregory the Great A.D. 311–600 (New York: Charles Scribner, 1867) p. 380, note 1.
4 Ellen G. White, Testimonies for the Church (Mountain View, Calif.: Pacific Press Pub. Assn., 1948), vol. 1, p. 337.


Das Interview mit Mark Finley erschien am 8. Juni 2018 erstmals in
Adventist Review und wurde von Ingrid Mayer übersetzt. Die englische Originalversion ist hier zu finden: https://www.adventistreview.org/1806-36

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