Glaube
Warum glaubst du, was du glaubst?
Lerne, deinen Glauben zu verteidigen
Ein atheistischer Virus durchdringt seit geraumer Zeit unsere Gesellschaft: Gott – ein Hirngespinst. Die Bibel – eine Ansammlung von Legenden. Moralvorstellungen –Ansichtssache. Wahrheit gilt als relativ und wird höchstens dann akzeptiert, wenn sie naturwissenschaftlich belegt ist. Warum sollte ausgerechnet unser Glaube wahr sein und nicht der von anderen? Ist blindes Vertrauen unsere Antwort auf diese Entwicklungen? Oder sind wir in der Lage, logisch zu begründen, was wir glauben – ja, sogar, unseren Glauben zu verteidigen, wenn es darauf ankommt?
Unsere Gemeinde ist wirklich nicht mehr das, was sie einmal war. Aber viele haben gar nicht mitbekommen, was los ist! Um ehrlich zu sein, ist es mir auch erst dieses Jahr so richtig klar geworden. Unsere Generation erlebt etwas, das bisher so noch nie da war. Damit meine ich keine faltbaren Smartphones oder die weltweite Pokémon-Jagd – die schon wieder echt out ist und vom Online-Spiel „Fortnite“ abgelöst wurde (an die Älteren: einfach mal googeln, dann wisst ihr, was eure Kinder so machen). Nein, ich meine etwas, das unsere Welt unfassbar drastisch verändert, wie es noch nie der Fall war. Und auch wenn wir mittendrin sind, verpassen die meisten, was gerade passiert.
Ich möchte das anhand folgender Metapher illustrieren: Unsere Kirche „Adventi“ ist in einem christlichen Kindergarten groß geworden. Alle anderen Kinderkirchen hatten auch irgendeinen Glauben an Gott. Mami hat dann unserer Adventi erzählt, warum sie nicht mit zu den anderen Kirchenkindern nach Hause gehen soll – oder zumindest erwähnt, was bei ihnen anders läuft als bei uns. Und als Adventi und die Anderen dann älter und reifer wurden, sprachen sie oft über die Unterschiede im Glauben und stritten auch manchmal. Nach der Schulzeit verloren sie sich irgendwie aus den Augen und heute steht Adventi als erwachsene Kirche mit neuen Freunden und Bekannten im Leben. Aber diese sind anders. Wenn Adventi mit ihnen anfangen will, über ihren Glauben zu sprechen, lächeln die Anderen verlegen oder schütteln entsetzt den Kopf. Enttäuscht zieht sich Adventi immer mehr zurück und scheint etwas beschämt. Was ist hier passiert?
Um es mal etwas deutlicher auszudrücken: Wir Adventisten entstanden damals inmitten einer eindeutig christlichen Gesellschaft und Kultur. Wir haben gelernt, uns über christliche Dogmen zu definieren und von anderen zu unterscheiden. Zum Beispiel, wenn es um den Sabbat geht, das Heiligtum, die Ernährungsgebote oder unsere Endzeittheologie. Mit diesen biblischen Wahrheiten konnte man damals erfolgreich Menschen zu Gott oder zur eigenen Gemeinde führen. Was passiert, wenn wir heute mit Nachbarn oder Freunden über diese Dogmen reden? Totales Unverständnis und Fragezeichen in den Gesichtern. Viele glauben nicht einmal an den Gott, der unsere Welt geschaffen haben soll. Was hat denn der Sabbat oder die Wiederkunft Jesu mit ihrem Leben zu tun? Gar nichts. Und falls sie doch irgendwie vage an eine höhere Kraft glauben und du über Jesus sprechen willst, dann funktioniert das oft auch nicht. Warum? Ja, warum sollte ausgerechnet dein Glaube wahr sein und nicht der von anderen Religionen? Dein Gegenüber wird sich fragen: Hast du in der Schule nicht aufgepasst und die atheistische Aufklärung verpasst? Oder bist du einfach nur ... etwas primitiv? Vielleicht bist du auch ein engstirniger und intoleranter Mensch, da du nur davon ausgehst, dass du selbst die Wahrheit kennst? Und warum sollte Gott so großartig sein, wenn er scheinbar Freude an einer Welt hat, die so grausam und abartig sein kann? Bevor ein säkularer Mensch Gott gegenübersteht, muss er über viele Mauern klettern. Menschen stolpern heutzutage nicht mehr in die Kirche – und dafür gibt es triftige Gründe.
Gott und Religionen müssen weg!
Also noch einmal zurück zur Ausgangsfrage: Welches Experiment haben wir im 21. Jahrhundert begonnen, dass so einzigartig anders und auch etwas angsteinflößend ist? Die methodische Abschaffung von einem zur Rechenschaft ziehenden Gott. Gott muss weg! Religionen müssen weg! Sie werden als das Übel der Gesellschaft angesehen, das gefährlich ist, uns als Menschheit voneinander trennt und zu Gewalt und Fanatismus führen kann. Außerdem haben wir ja Herrn Darwin und brauchen die mystischen Geschichten über den Anfang von Onkel Mose nicht mehr.
Unsere Jugendlichen wachsen mitten in diesem Experiment auf. Vor einigen Jahren war es noch eine Todsünde, Gott zu verleugnen – heute in der säkularen Welt ist es fast Standard. Heute nimmt man Jugendlichen all die „religiösen Metageschichten“ weg, indem man sie als überholt und mystisch darstellt und bringt ihnen im gleichen Zug bei, wie jegliche Moralvorstellungen nur Ansichtssache und Meinungen sind. Ein Konstrukt der Gesellschaft. Man hat auch Angst. Angst vor der Wahrheit. Wahrheit bedeutet nämlich, dass die einen den richtigen Glauben und andere einen falschen Glauben haben. Und wenn man von der eigenen Richtigkeit überzeugt ist, führt das zu Meinungsverschiedenheit und diese ist ein Nährboden für Intoleranz und kann letztlich in gewalttätigem Extremismus ausarten (Terror lässt grüßen ...). Wahrheit kann also zu einem Kriegsakt werden! Und Krieg lässt nur drei Optionen zu: Entweder man ergibt sich, flieht vor dem Feind, oder verteidigt sich und geht ebenfalls auf Angriff. Nun könnte man sich ja fragen: Wozu hat sich unsere westliche Welt entschieden? Die Mehrheit offensichtlich für die Flucht vor der Wahrheit!1
Über die Ausbreitung des atheistischen Virus
Der absolut auftretende Atheismus, oft mit relativistischem Wahlprogramm, ist die scheinbare Lösung. Na gut, ihn gab es irgendwie schon immer ... Aber nicht so radikal wie heute mit seinem mächtigen Einfluss. Der Atheismus kam mit dem Materialismus erst so richtig in Fahrt. Die Theorie der Evolution bietet natürlich das Sprungbrett für einen Glauben an „Nichts“ statt an einen Schöpfer. Man braucht nur noch Materie, die Natur, um alles zu erklären. Diese Haltung führt oft zum Nihilismus, der sich ebenfalls immer mehr ausbreitet und die Möglichkeit jeglicher objektiven Seins-, Erkenntnis-, Wert- und Gesellschaftsordnung verneint.
Viele werden mit dem atheistischen Virus infiziert, der sich durch folgende Symptome zeigt: Gott existiert nicht, deshalb geschehen auch keine Wunder. Die Bibel ist eine Ansammlung von Legenden. Folglich ist alles materiell und funktioniert ohne höheres Ziel, zufällig nach den blinden Gesetzen der Physik. Wir Menschen akzeptieren nur noch das als Wahrheit, was naturwissenschaftlich erschlossen wird, und sehen unseren Ursprung in unseren Ahnen der Evolution. Jede Spezies, jede menschliche Kultur hat eigene Moralvorstellungen – daher existiert kein objektives Richtig und Falsch. So ist zum Beispiel fast jedes sexuelle Verhalten gut und muss gelobt werden. Relativ ist nicht nur die Moral, sondern auch die Wahrheit. Jeder Mensch ist ein Blinder, der beim Ertasten eines Elefanten-Körperteils zu seiner ganz eigenen Wahrheit findet.
Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass eine Idee wie ein Virus sein kann, die letztlich ganz konkret unser Leben bestimmt und formt. Und an dieser Stelle kommt Apologetik ins Spiel. Apologetik nimmt wiederum Gott mit ins Boot – und zwar in Form eines gut begründeten Glaubens an ihn! Diese theologische Disziplin sucht nach Antworten, die wir vielleicht vor unseren Augen haben, ihnen aber womöglich nie wirklich Beachtung schenkten, um göttliche Antikörper auf den Virus loszulassen.
Es geht um die Geschichte unserer Wirklichkeit
Säkulare Hochschulen und Universitäten haben sich vorgenommen, Geschichte neu zu schreiben. Unsere Geschichte neu zu schreiben. Wie du und ich über die Welt und Gott denken. Alles dreht sich um die Geschichte unserer Wirklichkeit. Es ist nicht nur ein abstraktes Fachsimpeln, sondern hat mit mir als Person zu tun, was mir im Leben wichtig ist und wie ich mich verhalte – je nachdem, welcher Geschichte ich glaube. Ravi Zacharias, ein christlicher Ausnahme-Apologet mit indischen Wurzeln, prägte die Inhalte, mit der jede gute Geschichte unserer Wirklichkeit (damit meine ich eine Weltsicht) gefüllt werden müssen: Ursprung, Sinn, Moral und Schicksal.2 Es geht um den Anfang, warum überhaupt etwas existiert, und nicht um das große Nichts. Die Frage, warum all das heute hier ist und wie man damit umgehen soll – was gut und schlecht ist, was richtig oder falsch ist. Und dann wäre da noch die Frage zu klären, wie die Geschichte zu Ende geht! Gibt es ein hoffnungsvolles Happy End oder eine katastrophale Tragödie?
Je überzeugender, je kohärenter (also logisch zusammenhängend) und je realitätsnäher (naturwissenschaftlich plausibler) eine Weltgeschichte erzählt wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass sie wahr ist. Das heißt, wenn sie mit unserer Erfahrung und Beobachtung übereinstimmt! Unsere klugen Jugendlichen an den Hochschulen und Universitäten bekommen genau das geliefert! Aber damit meine ich natürlich nicht die christliche Geschichte, die christliche Weltsicht. Sie bekommen gute Gründe vorgesetzt, an das atheistische Weltbild zu glauben, das ich bereits beschrieben habe. Und jetzt kommt die entscheidende Frage: Wie lautet unsere Antwort auf diese in der Weltgeschichte einzigartige Entwicklung? Glaube nur? Vertraue blind? Warum erwarten wir dann aber von anderen Menschen, dass sie ihr Weltbild, ihre Religion oder Überzeugung aufgeben und Jesus nachfolgen? Wenn wir selbst nicht überprüft haben, ob das wirklich wahr ist, was wir da so behaupten!
Es war nicht das erste Mal, dass ich diese Frage in die Runde einer Jugendstunde warf. Ich forderte die Jugendlichen heraus, mir Gründe zu nennen, warum ich das glauben sollte, was sie glauben und nicht irgendetwas aus anderen Religionen. Die Antwort war … „einstummig“ – hilflose Stille ... Wie geht es dir als Leser dieses Artikels? Schließe nach der folgenden Frage mal kurz deine Augen und versuche dir selbst eine Antwort zu geben: Warum glaube ich der biblischen Weltsicht? Erst wenn du dir die Antwort gegeben hast, lies weiter.
Ich möchte nun eine Vermutung anstellen. Kann es sein, dass du auf die Frage mit einer der folgenden Kategorien geantwortet hast? 1. Ich bin in der Gemeinde aufgewachsen und es fühlt sich richtig an. Oder 2. Ich habe übernatürliche Erfahrungen gemacht, die meinen Glauben bestätigt haben. Oder 3. Ich habe eine charakterliche Veränderung im Leben erfahren, was meinen Glauben bestätigt. So oder so ähnlich lauten die meisten Antworten. Vielleicht fragst du dich: Was ist so falsch daran? Nun ja, falsch ist vielleicht gar nichts daran. Es gibt höchstens eine Sache, die merkwürdig ist: Die gleichen Antworten geben mir beispielsweise auch Mormonen, Zeugen Jehovas oder sogar Hindus. Und wahrscheinlich glaubst du nicht, dass sie im Recht sind ...
Die Kunst, den eigenen Glauben zu verteidigen
Hier kommt erneut Apologetik ins Spiel, eine Disziplin, bei der ich zugeben muss, dass sie mein Leben ziemlich verändert hat. Der griechische Begriff meint nichts anderes als „Verteidigung“. Tatsächlich ordnete damals bereits Petrus für alle Gläubigen an, mit Antworten vorbereitet zu sein, wenn uns Menschen nach unserem Glauben und unserer Hoffnung fragen. In 1. Petrus 3,15-16 lässt sich das Wort „apologia“ als „Verantwortung“ übersetzen, was so viel wie „eine begründete Aussage oder ein Argument“ bedeutet: „Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung (apologia) jedem gegenüber, der Rechenschaft von euch über die Hoffnung in euch fordert, aber mit Sanftmut und Ehrerbietung!“ (ELB) Wenn man diese Aufforderung von Petrus ernst nimmt (s.a. Philipper 1,16), bedeutet dies, dass wir Gründe haben sollten für das, was wir glauben, und die Fähigkeit, mit jemandem zu sprechen, der das biblische Weltbild hinterfragt. Es beinhaltet nicht, abwehrend zu sein oder sich in destruktive Streitgespräche zu stürzen. Es meint, den Glauben in Liebe und Demut für unseren Herrn zu repräsentieren. Schon damals ging es den Jüngern Jesu ähnlich wie uns, deshalb sagte Jesus zu ihnen: „Seht, ich sende euch aus wie Schafe unter die Wölfe. Seid klug wie die Schlangen und sanft wie die Tauben.“ (Matthäus 10,16 GNB) Apologetik hilft, den Glauben überzeugender und interessanter zu leben. Um dafür bereit zu sein, müssen wir wissen, was wir glauben und warum wir es glauben! Um es kurz auszudrücken: Apologetik ist die Kunst der Glaubensverteidigung.
Genau mit dieser Kunst wurde ich 2013 in meinem Masterstudium der Theologie konfrontiert und sie hat etwas Einzigartiges mit meinem Leben als Nachfolger Jesu gemacht. Es war, als hätte man eine Tür aufgestoßen, hinter der all die ersehnten Antworten auf meine Fragen und Zweifel waren. Ich dachte früher: Der Glaube ist ein Glaube, den man einfach glauben muss. Aber ist das wirklich so? Wenn mich jemand gefragt hätte, warum ich glaube, dann hätte ich höchstens versucht, mit eingetroffenen Prophezeiungen aus der Bibel zu kontern. Aber das wäre dann schon alles gewesen. Doch dann hat es mich einfach umgehauen: Ich schaute mir Debatten an zwischen den klügsten atheistischen und christlichen Köpfen – und ja, es gibt auch kluge Köpfe im Christentum, die sich sehen lassen können! Auch wenn die atheistische Weltsicht gute Gründe hat, gibt es seitens der biblischen Weltsicht sogar noch bessere. Es ist ein stimmigeres und kohärenteres Gesamtpaket. Nicht so viele Widersprüche und offene Fragen, die gar nicht wirklich zu dem passen, wie wir das Leben und unsere Realität wahrnehmen. Und was hat das mit mir gemacht? Glaubenstechnisch bekam ich eine andere Körperhaltung. Heute laufe ich nicht mehr gebeugt mit scheuem Blick durch die Gegend, sondern: Brust raus und Kopf hoch! Keine Scham mehr vor herausfordernden Fragen oder christlichem Verhalten vor nicht-glaubenden Freunden oder Bekannten. Weil ich weiß: Wenn mich jemand darauf anspricht, kann ich mit Gottes Hilfe und aller Demut klar und plausibel meinen Glauben und meinen Gott verteidigen. Das hat sich sogar dahingehend entwickelt, dass ich mich auf diese Begegnungen mit Kritikern und Skeptikern freue, um für meinen Gott einzustehen.
Gott gibt uns gute Gründe, ihm zu vertrauen
Gott gab dem Volk Israel gute Gründe, ihm zu vertrauen, als er es aus Ägypten herausführte. Er forderte keinen blinden oder naiven Glauben. Auch als Thomas, der Zweifler, zu Jesus kam, gab er ihm etwas Handfestes, damit er ihm vertrauen konnte. Selbst die Wunder der Propheten schlagen in diese Kerbe: Gott gibt uns gute Gründe, ihm zu vertrauen! In der Historie der Bibel sowie davor und danach finden wir durch die Geschichte hindurch Fußspuren Gottes mit Menschen und damit gute Gründe, um an Gott zu glauben. Zudem hat Gott uns einen gesunden Menschenverstand gegeben, mit dem wir seine Schöpfung um uns herum beobachten, darüber nachdenken und Schlussfolgerungen ziehen können. Und das sollten wir dringend tun! Und wenn wir das tun, beginnt eine faszinierende Reise durch unser persönliches Leben bis zu den entferntesten Ecken des Universums. Die Handschrift eines Schöpfers ist plötzlich überall zu sehen! Dann wird unser Glaube fest und stark werden, sodass wir voller Freude und Überzeugung unseren Glauben authentisch vor den Menschen leben.
Dieser Artikel dient als Einleitung für weitere Themen der Apologetik, die in den nächsten Ausgaben von BWgung folgen werden. Hier gibt es den nächsten Artikel über den Ursprung des Universums.
Quellen:
1 Ravi Zacharias & Vince Vitale, Jesus Among Secular Gods: The Countercultural Claims of Christ, Kapitel 8 „Love the Truth“ (New York: FaithWords, 2018).
2 Ravi Zacharias, The End of Reason: A Response to the New Atheists (Grand Rapids, Mich: Zondervan, 2008), 31.
Buchtipp:
William Lane Craig, On Guard: Mit Verstand und Präzision den Glauben verteidigen, Kapitel 4 „Warum begann das Universum zu existieren?“ (Neuried: Christlicher Veranstaltungs- und Mediendienst, 2015).