Pubertät – Vertrauen und Verantwortlichkeit

Familie
Pubertät – Vertrauen und Verantwortlichkeit

Ehe und Familie

Zu vertrauen ist manchmal leichter gesagt als getan. Vor allem wenn die eigenen Kinder im Zuge des Heranwachsens Wege zu gehen beginnen, die man ihnen als Eltern nicht unbedingt empfohlen hätte. Wie ein umso größerer, bewusster Vertrauensvorschuss jedoch verantwortliches Handeln fördern und eine positive Beziehungsgestaltung nach Gottes Vorbild auch in Entwicklungsphasen der Veränderung und des Umbruchs ermöglichen kann – davon berichtet Caroline Naumann, Internatsleiterin und selbst Mutter zweier Teenager, hier im dritten Teil ihrer Artikelserie.

Kürzlich habe ich folgendes Zitat gelesen: „Vertrauen ist eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.“ Ich gebe zu, dieser Spruch ist etwas blumig, fast ein wenig kitschig, doch aus meiner Sicht durchaus wert, ihn genauer zu untersuchen. Vor allem, weil er der bekannten und gesellschaftlich meist bejahten Redewendung „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“, etwas entgegensetzt, das ich als nachdenkenswert empfinde.

Vertrauen ist ein kontrovers diskutiertes Thema in vielen Bereichen des Lebens, das aber in der Pubertät oftmals besonders zum Stolperstein wird. Deshalb widmete auch unser Pastor am Schulzentrum Marienhöhe seine Schuljahresanfangs-Andacht für alle Angestellten diesem Thema. Dabei lehnte er sich weit aus dem Fenster und stellte folgende Maxime für den Umgang mit unseren Schüler/innen auf: „Vertrauen ist gut – mehr Vertrauen ist noch besser.“

Auch ich halte diesen Gedanken für wesentlich im Umgang mit unseren Jugendlichen. Gepaart mit der Verantwortlichkeit für das eigene Leben, ist die Thematik des Vertrauens ein prioritäres Element bei der Begleitung unserer Kinder, welches uns als Erwachsenen in der Umsetzung jedoch nicht unbedingt leichtfällt. Warum ist das so? Ist es unser Kontrollwahn oder haben wir tatsächlich ein ausgeprägtes Misstrauen unseren Jugendlichen gegenüber? Als Internatsleiterin erlebe ich in meiner Arbeit mit Eltern, dass das nur sehr selten der Fall ist – auch wenn bei den Heranwachsenden oft genau dieses Gefühl entsteht: Sie haben den Eindruck, wir wollen sie selbst und ihr Leben kontrollieren und misstrauen ihren Entscheidungen.

Dabei geht es uns als Erwachsenen vielmehr fast immer darum, unsere Kinder zu schützen und ihnen Leid ersparen zu wollen. Es fällt uns schwer zuzusehen, wenn sie (in unseren Augen) in ihr Verderben laufen, rebellieren und nicht tun, was wir ihnen raten bzw. was wir aufgrund unserer eigenen Wertvorstellungen und Erfahrungen für richtig erachten. Das Motiv dahinter ist in den allermeisten Fällen also kein Kontrollbedürfnis oder Misstrauen, sondern eigentlich die Liebe zu unseren Kindern. Ich würde hier deshalb gerne einen Gedanken einbringen, der uns vielleicht ein wenig dabei helfen kann, noch mehr Bereitschaft zu entwickeln: Trotz unserer Liebe zu unseren Kindern, sollten wir ein Stück weit loslassen und ihnen das für ihre Entwicklung so wichtige Vertrauen entgegenbringen.

Sehen wir uns dafür unsere Beziehung zu unserem Vater im Himmel an. Schenkt er uns nicht auch Freiraum, um unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, obwohl er allmächtig ist und tatsächlich zu 100% weiß, was gut für uns ist und was nicht? Schenkt er uns nicht dennoch sein Vertrauen und lässt uns selbst entscheiden, welchen Weg wir einschlagen? Er bringt uns Vertrauen entgegen und überträgt uns Aufgaben in dieser Welt, obwohl er sie selbstverständlich vollkommen ohne unser Zutun bewältigen könnte. Und auch, wenn wir Entscheidungen treffen, die wir im Nachhinein vielleicht bereuen, weil wir uns oder anderen damit geschadet haben, sind wir immer noch ein Teil von Gottes Familie. Gott liebt uns und schenkt uns deshalb sein Vertrauen und Freiheit im Rahmen einer Eigenverantwortlichkeit.

Vertrauen und Verantwortlichkeit sind also eng miteinander verwoben, denn zum Vertrauen in unsere Kinder gehört auch, dass wir ihnen zutrauen, verantwortlich zu handeln – für sich selbst, aber auch für die Familie, in der sie leben und in der Gemeinschaft, in der sie sich aufhalten. Wir können und sollten unseren Jugendlichen deshalb auch nicht jede Art der Verantwortung ungefragt abnehmen. Es ist wichtig für ihre Entwicklung, dass sie sich sicher sein können, dass wir sie für fähig halten (darauf vertrauen), dass es ihnen möglich ist, sich in ihrem Ermessen verantwortlich zu verhalten.

Haben wir also ein Thema, welches uns im Hinblick auf das Verhalten unserer Kinder Sorgen bereitet, gibt es die Möglichkeit, anstelle von Verboten, Kontrollversuchen und Misstrauen mit unseren Jugendlichen in einen offenen Dialog zu treten (wie im letzten Artikel beschrieben). In diesem Rahmen können Bedenken und Sorgen von beiden Seiten angehört werden, um einen gemeinsamen Konsens zu finden. Anschließend gilt es darauf zu vertrauen, dass verantwortliches Handeln zumindest angestrebt wird – wenngleich uns auch klar sein muss, dass dies verschieden definiert werden kann.

Und eines sollten wir dabei nicht vergessen: Sofern unsere Beziehung zu unseren Kindern eine gute Basis hat, können wir darauf vertrauen, dass sie ihr Bestes geben, um zu den Menschen zu werden, die sie gerne sein möchten. Und zwar auf der Grundlage des Fundaments, das sie sich durch ihr Zuhause, die Schule, die Gemeinde und ihr Umfeld bereits erbaut haben.

Urheberrechtshinweis

Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung des jeweiligen Autors bzw. der Redaktion. Die Autoren verfassen Artikel nicht zur freien Veröffentlichung z.B. Internet oder auf Social Media-Plattformen. Es ist daher nicht gestattet, Inhalte von BWgung ohne Erlaubnis zu veröffentlichen.