Die Banane und der braune Fleck

Schöpfung
Die Banane und der braune Fleck

Was uns die Obstwelt über Gottes Charakter lehrt

Hast du dir beim Frühstück schon mal Gedanken darüber gemacht, dass die Banane, die du gerade isst, in seinem Ursprung davon zeugt, dass Gott gut ist? Was aber, wenn sie eine vergammelte Stelle aufweist? Clifford Goldstein ist dieser Frage nachgegangen und erklärt, warum ihn das Wunder von Bananen, Haferflocken, Walnüssen und Blaubeeren über Gottes Liebe zur Menschheit staunen lässt.

Ich war gerade dabei, eine Banane zu vertilgen, als ich plötzlich innehielt: Da war ein brauner Fleck. Bis zu jenem Zeitpunkt war die Banane makellos gewesen – wahrscheinlich so nah an seinen ursprünglichen Vorfahren wie es nur möglich ist, wenn man bedenkt, dass sie Jahrtausende von Bananenbaum-Generationen entfernt davon gewachsen ist. Fest und doch zart löste sie sich süßlich auf meinen Geschmacksnerven auf, als ob sie nur dafür gemacht worden wäre. (War sie ja auch, damals in Eden.)

Die geschmackvolle Herrlichkeit der Banane (das meine ich so: bewundere doch einmal die symmetrische Konstruktion, die zusammenlaufende Form und die harmonische Konsistenz  der nächsten Banane, die du planst, in Glukose zu zerlegen), die an sich das Wunder der eigenen Existenz ausstrahlt (schau dir einen einzigen Samen in der Banane an und sag mir, dass es kein Wunder ist, dass ein Bananenbaum, beladen mit hunderten Samen-tragenden Bananen, aus etwas wachsen kann, das so klein ist, dass man ein metrisches System braucht, um es zu wiegen und zu messen) – und dann, inmitten all dessen, tauchte diese braune Stelle auf?

Ekelhaft, abstoßend, faulend, vergammelt – es war wie ein bakterieller Befall bei Geschlechtskrankheiten, wie eine Wunde, als ob es ein Teil der Banane wäre, aber doch nicht wirklich, ebenso wenig, wie Taubheit zum Ohr gehört. Die braune Stelle war ein Eindringling, eine Das-hat-ein-Feind-getan-Sache (Mt 13,28). Abnormal, fremdartig. Es war eine Abweichung, wobei die Abweichung in offensichtlichem Gegensatz zu dem, wovon sie abgewichen war, eiterte.

Naja, Geschlechtskrankheiten können nicht entstehen, ohne dass es zuerst Sex gab. Der braune Fleck hätte nicht entstehen können, ohne dass zuerst die Banane da gewesen wäre. Die vergammelte Stelle, die Krankheit, ist ein Nach-dem-Sündenfall-Fakt. Aber die Fakten selbst, zum Beispiel eine Banane oder Sexualität, sind gut und Geschenke unseres Schöpfers.

Geschenke eines Schöpfers

Ja, die „Schöpfung seufzt“ (Rö 8,22); und wir Kreaturen auch. Wer oder was würde das nach 6.000 Jahren Sünde nicht tun? Aber die Schöpfung selbst, die Kreaturen an sich – wenn man die Nach-dem-Sündenfall-Adjektive abstreift – schreien deutlich in die Welt hinaus und betiteln das, was vor dem Sündenfall existierte, als „gut“ und „wundervoll“ und „wunderschön“ und „herrlich“. Jede Zelle, jeder Grashalm, jedes Blatt, jedes Stück Obst, jeder Mensch, jeder Sonnenuntergang schreit gen Himmel, einem förmlich ins Gesicht, und bezeugt Gottes Güte und unerreichbare Macht.

In Die Leiden des jungen Werthers schrieb Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) über einen jungen Mann, der über die Wunder und Schlichtheit eines einfachen Lebens in der Natur staunte. „Ach, wie dankbar ich bin, dass mein Herz die einfachen, unverfänglichen Freuden des Mannes fühlen kann, der zum Tisch einen Kohlkopf bringt, den er selbst angepflanzt hat, und in einem einzigen Moment nicht nur das Gemüse genießt, sondern auch all die schönen Tage und frischen Morgen, seitdem er es gepflanzt hat, die milden Abende, an denen er es gegossen hat und die Freude, die er spürte, als er zuschaute, wie es wuchs.“

All das über einen Kohlkopf? Warum nicht? Ich kann an einer Schüssel mit Haferflocken Platz nehmen, die mit Walnüssen, Rosinen und Blaubeeren bestreut, danach mit Weizenkeimöl begossen und anschließend mit Sojamilch durchtränkt wurden, und dabei durch und durch transzendenten Gedanken nachgehen. All diese Dinge – Haferflocken, Walnüsse, Weizenkeimöl, Sojamilch – sind was? Notwendig und nicht zufällig, sodass ihre Nichtexistenz eine logische Unmöglichkeit zur Folge haben würde? Natürlich nicht! Jede Flocke, jede Nuss, jede Beere, jeder Weizenkeim und jedes Sojamolekül sind freiwillige Geschenke eines Schöpfers, dessen Macht so groß ist, dass sie unsere Vorstellungskraft – selbst wenn diese mit dem bewusstseinserweiternden Streitwagen des Glaubens getragen wird – kaum erahnen kann und sich stattdessen wundert und vor ihr niederkauert.

Und diese wundersamen Lebensformen wachsen aus Dreck. Dreck! Eine einzige Haferflocke ist ein Wunder voller Geheimnisse, die unser sterblicher Verstand nicht begreifen kann. Eine Blaubeere weist auf eine Realität hin, die so unbeschreiblich ist, dass wir nicht einmal die richtigen Fragen zu stellen wissen. Und außerdem würden wir, so geschwächt von der Sünde, die Antworten sowieso nicht verstehen. In der Regel denken wir nicht darüber nach, wie wunderbar all das ist, weil wir nichts weiter mit diesen Wundern tun, als sie zu verdauen.

Ja, Hungersnöte, Erdbeben, Krankheiten existieren, aber nur entgegen der Güte, die durch all diese Dinge wie mit einem Schwamm abgewischt wird. Für Augustinus von Hippo (354-430) war das Böse ein Abfallen, ein Verlust vom Guten. „Denn das Böse“, so schrieb er, „hat keine positive Natur; aber der Verlust des Guten hat den Namen „böse“ bekommen.“ Vielleicht war auf eine abstrakte Art und Weise der braune Fleck auf der Banane – hässlich, verdorben, sogar gewalttätig – so spürbar wie die Banane, die er verdorben hat. Satan ist heute genauso real wie damals, als er das erste Mal Luzifer wurde, der „Sohn der Morgenröte“ (Jesaja 14,12 ELB), „ein glänzender, schirmender Cherub“ (Hesekiel 28,14). Selbst wenn seine Bosheit nur als eine Verdrehung des Originals existiert, ohne das er genauso wenig existieren könnte wie der braune Fleck ohne die Banane. Und die Banane war – genau wie die ursprüngliche Schöpfung (Luzifer miteingeschlossen) – gut.

Alles Geschaffene erzählt von Gottes Liebe zur Menschheit

In Hiob 12,7-10 heißt es: „Frage doch das Vieh, das wird dich's lehren, und die Vögel unter dem Himmel, die werden dir's sagen, oder die Sträucher der Erde, die werden dich's lehren, und die Fische im Meer werden dir's erzählen. Wer erkennte nicht an dem allen, dass des Herrn Hand das gemacht hat, dass in seiner Hand ist die Seele von allem, was lebt, in seiner Hand auch der Geist im Leib eines jeden Menschen?“

Sicher, Löwen fressen Gazellen, Vögel können den Virus vom Typ A verbreiten, die Erde kann beben und die „Fische im Meer“ tragen Schadstoffe in sich. Aber sogar diese Nach-dem-Sündenfall-Fakten verkünden trotz ihres Gefallenseins, dass „des Herrn Hand das gemacht hat“.

In der Banane sehe ich die offensichtliche Herrlichkeit und Güte der Schöpfung, wenn auch beschädigt (s. der braune Fleck). Der große Kampf findet statt, auch wenn die Auflösung noch nicht da ist. Trotzdem erzählen die Güte und Schönheit und Liebe zur Menschheit, die in jedes Stück Obst geschrieben wurden, etwas vom Schöpfer. „Ohne Sprache und ohne Worte, lautlos ist ihre Stimme“ (Psalm 19,4). In der Banane finden wir Andeutungen einer Liebe, die diesen Schöpfer ans Kreuz geführt hat. Und im braunen Fleck Andeutungen, warum er diesen Weg ging.

Dieser Artikel erschien zuerst in Adventist Review am 6.12.2019 und wurde übersetzt von Magdalena Lachmann.

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