Lernen für die Ewigkeit

Bildung
Lernen für die Ewigkeit

Was eine "adventistische" Schule ausmacht

Warum geben wir solch hohe Summen aus, um adventistische Schulen zu erhalten? Mittlerweile dürfte doch klar sein, dass Schulen kein gewinnbringendes Unterfangen sind. Und dennoch betreiben wir als Freikirche im süddeutschen Raum ein gutes Dutzend Schulen – neben dem öffentlichen System, das uns gratis angeboten wird. Warum?

Da die Geschichte des adventistischen Schulwerks erst nach der Etablierung des Verlagswesens, der Gemeindeorganisation und dem Gesundheitswerk beginnt, ist das Bewusstsein für dessen Bedeutung in vielen Köpfen und Regionen noch nicht sehr ausgeprägt.1 Als ich mit 14 Jahren die Entscheidung traf, meine Schullaufbahn in Bogenhofen fortzusetzen, ahnte ich ebenfalls nicht, welchen Einfluss dies auf mein weiteres Leben haben würde. Ich stand damals vor der Entscheidung, ob ich endgültig im Kreise meiner bisherigen Klassenkameraden angenommen werden wollte, oder ob ich den Schritt ins Ungewisse wagen sollte. Dass die Schule „adventistisch“ war, spielte eine untergeordnete Rolle. Erst im Nachhinein kann ich den geistlichen Einfluss, den die Lehrkräfte in Bogenhofen auf mich ausübten, einschätzen. Sie waren es auch, die meinen späteren Werdegang zum Prediger und Lehrer prägten. Welcher Wert sich aber daraus langfristig ergibt, wird erst auf der neuen Erde sichtbar werden. Und damit sind wir auch schon beim Kerngedanken angelangt:

Erziehung und Erlösung sind eins

„Unsere Vorstellungen über Erziehung bewegen sich in einem zu engen und niederen Bereich. Wir bedürfen eines weiteren Gesichtskreises, einer höheren Zielsetzung. Wahre Erziehung heißt mehr als ein gewisses Studium verfolgen. Sie bedeutet Höheres als sich für das jetzige Leben vorbereiten. Mit der gesamten Wesenheit des Menschen befaßt sie sich und mit der ganzen Dauer des ihm ermöglichten Daseins. Sie besteht in der harmonischen Entwicklung seiner körperlichen, geistigen und geistlichen Kräfte. Sie bereitet den Lernenden für ein freudiges Dienen in dieser Welt und für die höhere Freude eines umfassenderen Dienstes in der zukünftigen vor.“2

Meines Erachtens spannt Ellen White im Buch Erziehung den Bogen zwischen dem Leben auf dieser Welt und der Erwartung der Wiederkunft Jesu ganz bewusst. Er ist der Kerninhalt adventistischen Erziehens und Glaubens.3 Es ist die Gleichung, die Gottes Prophetin aufstellt, wenn sie davon spricht, dass Erziehung und Erlösung im höchsten Sinne eins sind.4 Diese Naherwartung ist für uns dennoch kein Grund, hier auf der Erde nachlässig zu sein. Oder wie es Daniel Burke in einem Kommentar pointiert formuliert: „Eat your vegetables until he does [come again]!“ (Iss dein Gemüse auf, bis er wiederkommt!)5 Ganz im Gegenteil, der Aufruf gilt höchster Anstrengung; denn in Ruf an die Jugend6 heißt es: „Was ist der Sinn und das Ziel deines Lebens, liebe Jugend? Leitet Ehrgeiz deinen Willen, um einen Namen und eine Stellung in der Welt zu erhalten? Bewegen dich unausgesprochene Gedanken, du würdest eines Tages zu den geistigen Größen gehören? Du würdest in maßgebenden und beschlußfähigen Körperschaften sitzen und über die Geschicke der Nation mitbestimmen können? Solche Gedanken sind nicht schlecht. Jeder von euch darf sich getrost ein Ziel setzen. Mittelmäßige Kenntnisse brauchen dich nicht zu befriedigen. Strebe nach oben und erspare dir keine Mühe, einen hohen Lebensstandard zu erreichen.“

Blick auf die Ewigkeit

Doch all das sollte immer mit Blick auf die Ewigkeit erreicht werden. Es handelt sich um eine „erlösende Erziehung“ – eine Erziehung mit dem Ziel, das Bild Gottes im Menschen wiederherzustellen.7 Diesen Blick auf die Ewigkeit dürfen wir nie aus den Augen verlieren. Das Lehramtsstudium an der Universität hat erfahrungsgemäß nichts mit Inhalten geistlicher Art zu tun. Dementsprechend ist es eine große Herausforderung, die Balance zu finden, um einerseits akademische Exzellenz zu fördern und gleichzeitig stets die eigene und die charakterliche Entwicklung des Schülers im Auge zu behalten.

Das Schlagwort in diesem Kontext lautet „Integration of Faith and Learning“ (Integration von Glaube und Bildung) und beschäftigt sich genau mit dieser Spannung.8 Glücklicherweise gibt es noch weitere adventistische Lehrer, mit denen ich bei der diesjährigen Lehrertagung in Freudenstadt zu diesem Thema einige Impulse sammeln durfte. Dabei ist mir meine entscheidende Rolle als Lehrer einmal mehr bewusst geworden: Wenn die Rolle des Pädagogen sogar in einem säkularen Bildungswesen als wesentlich gesehen wird, um wieviel mehr ist mein Vorbild als adventistischer Lehrer für meine Schüler von ewiger Bedeutung?

Quellen:
1 Vgl. George R. Knight, “The Aims of Adventist Education in Historical Perspective,” Journal of Research on Christian Education 10 (2001): 195ff. 2 Ellen G. White, Erziehung (Hamburg: Advent-Verlag, 1954), 11. 3 „Der Kern adventistischer Erziehungs- und Bildungsphilosophie besteht in der Überzeugung, dass Erziehung und Erlösung das gleiche Ziel verfolgen, nämlich das Bild Gottes im Menschen wiederherzustellen.“ Ted N. C. Wilson, “Verändert werden. Warum es ein adventistisches Bildungssystem gibt,” Adventist World, Nr. 8 (2013): 9. 4 Vgl. White, Erziehung, 26. 5 Daniel Burke, “As they turn 150, Adventists still praying for the Apocalypse,” Washington Post, 10.4.2013. 
6 Ellen G. White, Ruf an die Jugend (Hamburg: Advent-Verlag, 1952), 21. 7 “The distinctive characteristics of Adventist education – derived from the Bible and the writings of Ellen G. White – point to the redemptive aim of true education: to restore human beings into the image of their Maker.” General Conference, Working Policy (Washington, DC: Review and Herald, 2013), 275. 8 Vgl. dazu John Wesley V Taylor, “A Biblical Foundation for Integrating Faith and Learning,” The Journal of Adventist Education 74, Nr. 5 (2012): 8-14. Einige kurze Impulse zur praktischen Umsetzung dieses Konzeptes sind in einer Artikelserie zu finden: Esther Boksberger, „Niemand kann zwei Herren dienen...“ bogi, Nr. 87 (2004): 14-15. Franz Nusime, „Töne - Zahlen - Planten - Intervalle und die DNS,“ ibid., Nr. 88 (2005). Martin Ramskogler, „Die Wahrheit braucht keine Verteidiger, sondern Zeugen...“ Ibid., Nr. 89: 12. Heinz Schaidinger, „Integration von Glauben und Wissen praktisch,“ ibid., Nr. 86 (2004): 6. Yvonne Seidel, “Integration of Faith and Learning”, ibid., Nr. 84: 11. Cornelia Zachhuber, „Integration von Glauben und Wissen praktisch,“ ibid., Nr. 85: 4.

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